MEMENTO

MEMENTO – Online-Ausstellung

Eine Ausstellung zu individuellen Formen des Erinnerns und Gedenkens

Museum für Sepulkralkultur (Kassel)
17. Oktober 2020 – 28. Mai 2021 (und online)

Die digitale Gesellschaft greift traditionelle Trauer- und Erinnerungspraktiken auf und erweitert diese um neue Möglichkeiten. Digitale Technologien und die unendliche Fülle von digitalem Material wie Fotografien, Texten, Videos und Tonaufnahmen befähigen Trauernde, mit Erinnerungen kreativ umzugehen. Relativ einfach können Erinnerungsfilme aus Bildern und Sprachnachrichten der Verstorbenen erstellt oder Fotobücher mit Hilfe von Algorithmen und Layout-Vorlagen gestaltet und gedruckt werden. Diese Möglichkeiten unterstützen Trauernde dabei, Wege von der Trauer hin zum Gedenken zu finden.

Lorenz Widmaier hat für die Ausstellung MEMENTO im Museum für Sepulkralkultur fünf Positionen digitaler Formen des Gedenkens beigetragen. Die Beiträge sind Einblicke in seine Forschung über die Bedeutung digitaler Nachlässe für Trauer und Erinnerung.

Auf dieser Seite können Sie weiter unten die fünf Beiträge digitaler Gedenkformen ansehen. Mehr über die Ausstellung können Sie auf der Website des Museums für Sepulkralkultur lesen. Dort finden Sie auch eine 360°-Online-Version der Ausstellung.

Herzlichen Dank an alle, die zu der Ausstellung beigetragen haben!

Foto: IN THE WAKE OF A DEADAD, Andrew Kötting, 2006
Der britische Künstler Andrew Kötting begibt sich mit zwei 4 m hohen aufblasbaren Figuren, die seinen verstorbenen Vater und Großvater abbilden, auf Weltreise, bei der er Orte bereiste, die für seine Familie von Bedeutung waren.

Foto: Leila Badblood
© Andrew Kötting / Ella Ziegler

Dear Photograph

Interview mit Taylor Jones über das Pojekt „Dear Photograph“ das im Rahmen der Ausstellung MEMENTO gezeigt wird.

„Dear Photograph“ ist ein partizipatives Projekt, das von Taylor Jones initiiert wurde. Die Idee ist simpel: Nimm eine alte Fotografie, die Freunde oder Familienangehörige abbildet, gehe zu dem Ort, der auf der Fotografie abgebildet ist, halte das Foto vor den originalen Hintergrund und fotografiere das Foto sowie den Ort. Viele Internetnutzer folgten diesem Aufruf und reichten ein Foto ein, stets begleitet von einem Text, der mit „Dear Photograph“, also „Liebe Fotografie“, beginnt.

Die für die Ausstellung gewählten Fotografien erinnern an einen persönlichen Verlust und verbinden das Gestern mit dem Heute und das Analoge mit dem Digitalen.

Die Fragen stellte Lorenz Widmaier.

Nachrichten an den Sohn

Silke D. (2020)

„Nachrichten an den Sohn“ wird im Rahmen der Ausstellung MEMENTO gezeigt.

Silke D. verlor ihren achtzehnjährigen Sohn durch einen Autounfall. Den Austausch mit ihrem Sohn über WhatsApp führte sie auch nach dem Verlust einige Zeit weiter. Aus Angst, die digitalen Erinnerungen zu verlieren, druckte sie Screenshots des WhatsApp-Verlaufs und bewahrt diese in einem Einsteckalbum auf.

WhatsApp ist zu einem wichtigen Erinnerungsmedium für Hinterbliebene geworden, da hier der Alltag mit den Verstorbenen nacherlebt werden kann. Kurze Texte, Smileys, Fotos, Sprachnachrichten und Videos sind bedeutende und lebendige Erinnerungen, die es ohne digitale Medien nicht gäbe.

Aus dem Forschungsprojekt von Lorenz Widmaier, der die Bedeutung des digitalen Nachlasses für Trauer und Erinnerung erforscht.

In Memoriam to Francesca Feldmann

Rolf Feldmann (2020)

„Diesen Film erstellte ich in Erinnerung an meine geliebte Tochter. Friedlich und völlig unerwartet wurde Franci am 19. August 2015 aus ihrem und unserem Leben genommen. Ihren Freunden rund um den Globus möge dieser Film an die gemeinsamen Momente mit Francesca erinnern. Ich hoffe, damit auch meine Trauer und den damit verbundenen Schmerz besser verarbeiten zu können.“ Rolf Feldmann

Rolf Feldmann gestaltete zunächst das ausgestellte Buch, das die eigenen Erinnerungen an seine Tochter, aber auch jene aus ihrem (digitalen) Nachlass zeigt: Fotos, Texte, Briefe oder Facebook-Posts. Auf Basis dieses Buches schnitt er einen Film, den er auf YouTube veröffentlichte. Er sagt: „Für mich ist das Internet mittlerweile zu etwas geworden, von dem ich sage, okay, wenn auch ich weg bin, dann bleibt da noch etwas für die Ewigkeit.“

Aus dem Forschungsprojekt von Lorenz Widmaier, der die Bedeutung des digitalen Nachlasses für Trauer und Erinnerung erforscht.

Ghosts on Google Maps

Lorenz Widmaier (2020)

„Ghosts on Google Maps“ wird im Rahmen der Ausstellung MEMENTO  gezeigt.

Leslie Yajaira aus North Carolina entdeckte im Januar 2020 ihren verstorbenen Großvater über den Online-Kartendienst Google Maps, indem sie das Haus, wo er lebte, online aufsuchte. Auf Twitter veröffentlichte sie ein Video, das diese Suche dokumentiert. Der Tweet erhielt bis August 432.700 Likes. Als Antwort tweeteten auch andere Videos und Fotos ihrer Verstorbenen, die sie auf Google Maps fanden. Die Videoarbeit vereint neun dieser Tweets.

Die weltweit wachsenden Datenmengen sind nicht nüchtern wie deren Rechenzentren, sondern durchwoben von Geschichten und Erinnerungen, die häufig verborgen bleiben, um dann wieder entdeckt zu werden. Die einfache Abrufbarkeit der Daten, losgelöst von Zeit und Ort, stellt neue Fragen an die Privatsphäre und erklärt die geisterhafte Erscheinung der Verstorbenen in den Videos.

Das Video wurde von Lorenz Widmaier erstellt, der die Bedeutung des digitalen Nachlasses für Trauer und Erinnerung erforscht.

Mein digitales Erbe

Lorenz Widmaier (2020)

Das Heft „Mein digitales Erbe“ wird im Rahmen der Ausstellung MEMENTO verteilt. Mit dem Heft können Sie für Ihr eigenes digitales Erbe Vorsorge treffen. Sie können darin Zugangsdaten notieren und festhalten, was mit Ihrem digitalen Erbe nach Ihrem Tod geschehen soll.

Weitere Informationen finden Sie auf der Seite Mein digitales Erbe.

Alle Arbeiten in der 360° Online-Ausstellung